Der Künstler lebt im Spiegel
Mit dem Echo seines Selbst
Sogar die grössten Stars
Leben ihr Leben im Spiegelglas
Sogar die grössten Stars
Machen sich zurecht im Spiegelglas
Spiegelsaal, Kraftwerk, Trans Europa Express, 1977
Hihi, ja so schaut’s aus!
Taumelland feierte am 26.03.2018 zwei jährigen Geburtstag. Erst einmal möchte ich mich an dieser Stelle bei Euch allen für das Interesse an meinem Projekt bedanken.
Ohne eure liebevolle Begleitung wäre das Netz für taumelland ein eisiger Ort!
Zum Zweijährigen habe ich mal eine erweiterte Playlist mit allen auf taumelland zitierten Songs und Alben erstellt. Dafür habe ich eine neue Seite „Songs“ angelegt. Taumelland ist stark von Musik durchzogen und durch Musik inspiriert.
Der ganze Blog ist sozusagen „driven by music“!
„Spiegelsaal“ ist einer meiner Lieblingssongs von Kraftwerk. Da geht es mir genauso wie Siouxsie and the Banshees, die das Stück mal gecoverd haben (Hall of Mirrors, through the looking glass, 1987).
Ich bin nämlich auch ein bekennender Anhänger von Coverversionen.
Cover transportieren einen Song nicht nur auf dem Zeitpfeil weiter, sondern sie vermessen auch dessen Deutungshorizont. Wie bei einer Zwiebel schält jedes Cover eine neue Bedeutungsebene heraus.
So ging es mir mit Blumfelds „So lebe ich“ (1999), dessen Coverversion „That’s How I Live“ von der Walkabouts (2000) mir viel verständlicher und damit auch näher war als das Original von Blumfeld. Es war in dem Fall sogar eher umgekehrt, dass ich das Original erst durch das Cover schätzen gelernt habe, und das Cover so für mich an die Stelle des Originals getreten war.
So kann es sein, dass Ihr auf der Playlist mehrere Versionen von einem Song findet. Vielleicht habt Ihr ja auch Spaß dran, Songs mal unter epistemologischen Gesichtspunkten zu betrachten und auf Euch wirken zu lassen.
Cover stehen natürlich auch in einer Tradition auraler Überlieferung, so wie Volksmusik generell oder eben auch der Blues. Es war und ist eine Form Lebenserfahrung/Lebensfreude als in Musik verpackte Geschichten durch die Zeit zu transportieren und so nachfolgenden Generationen zu vermitteln. Wobei jede der folgenden Generation neue/andere Aspekte erfindet/betont und dafür andere unter den Tisch fallen lässt und so der Song immer an seinen aktuellen sozialhistorischen Kontext angepasst wird.
Mit dem Aufkommen der Musikindustrie und der Verrechtlichung der Eigentumsverhältnisse an Musik ist das Covern zum Teil richtig heikel geworden, da man es sich nun erst mal „leisten“ können muss und oder zumindest eventuelle Besitzrechte berücksichtigen muss.
Das gilt vor allem auch für das Sampeln, also das Verwenden von Songteilen, oder aber deren ineinander Mischen.
Das führt mich zu Kraftwerk zurück, die ja auch einen unrühmlichen Prozess gegen Moses Pelham führen, da er unautorisiert ein Fragment aus einem Kraftwerksong verwendet haben soll.
In dem Prozess geht es vor allem auch darum, wie „lang“ so ein „gesampeltes“ Teilstück sein darf und wie „wesentlich“ es für den neuen Song ist.
Das Verfahren ist mittlerweile vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet. Ihr merkt schon mit den „Good old Boys“ aus den Blues Brother Film hat das nichts mehr zu tun. Es ist Wahnsinn, über solche Fragen Gerichte entscheiden lassen zu wollen.
Kraftwerk gelten als eine der am häufigsten gesampelten Bands überhaupt, witzig finde ich dabei dass die so hüftsteifen „Kraftwerker“ gerne auch von Rap und EDM –Musiker/innen gesampelt werden/worden sind.
Hierzu gibt es ein gutes Video auf Youtube: „the Kraftwerk influence“ mit einigen überraschenden Hörbeispielen, so haben beispielsweise auch Pink Floyd für „Time“ Kraftwerk gesampelt („Kling Klang“).
Ich denke, dass ein großer Teil ihres heutigen Ruhms und auch ihrer aktuellen künstlerischen Relevanz genau darauf beruht, dass sich andere Musiker/innen bis heute auf sie beziehen und eben Kraftwerk Samples verwenden.
Aber auch Kraftwerk selbst sind 2018 für „3D – der Katalog“ (das Album/Video zur Tour) mit dem Grammy für das beste Electronic/Dance Album ausgezeichnet worden. Ich denke, Kraftwerk covern sich seit nunmehr fünfzehn Jahren selbst, denn eigentlich besteht der 3D-Katalog aus nichts Anderem als neu abgemischten Versionen Ihrer alten Stücke, die ja wie auch „Spiegelsaal“ zum Teil noch aus den siebziger Jahren stammen. Gerade bei Kraftwerk kann man also gut beobachten, wie sich der kulturelle Bedeutungshorizont von Musik verschiebt. In diesem Fall von einem – in heutigen Worten – „nerdigen“ Electronic-Pop Crossover hin zu eher „hedonistischer“ Tanzmusik.
Wenn man sich klarmacht, dass ihr letztes Album mit neuen Stücken aus dem Jahr 2003 ist (Tour de France) und Sie trotzdem oder auch gerade deswegen? 2018 nur durch das Fort- und Umschreiben ihres alten Materials einen Grammy gewinnen konnten, dann ist das schon unglaublich und zeigt, wie kreativ und bereichernd covern/sampeln für Musik ist. Es zeigt aber auch, welches unglaubliche Potential in dieser Musik steckt. Kraftwerk haben echt das Zeug zukünftig als „Folkband“ zu gelten.
Vielleicht sollten wir uns alle viel öfter mal selber covern 🙂 anstatt uns neu erfinden oder grundlegend verändern zu wollen – wäre spannend was dabei herauskäme.
Aber noch mal zurück an den Anfang dieser Geschichte – „Spiegelsaal“: Das erinnert mich sofort an „Das Bildnis des Dorian Gray“, oder auch etwas weniger literarisch aber dafür umso geschichtsträchtiger an den Spiegelsaal im Schloss von Versailles. Ich denke an das wahnsinnige Universum von Ludwig den II der Schloss Herrenchiemsee nach dem Vorbild von Versailles errichten ließ und darin ebenfalls einen – nur um vier Meter längeren – Spiegelsaal erbauen ließ. Dann fällt mir noch – wie Siouxsie – der Roman „Alice Through the Looking Glass“ von Lewis Carroll und last but not least „Schneewitchen“ ein.
Ich behaupte nun, all das kann man in dem Kraftwerk Song hören! Probiert es aus!
Aber hört nicht die aktuelle Version – die aus „3D – der Katalog“ – da machen Kraftwerk wie geschrieben nämlich Tanzmusik und vieles von dem alten Zauber der ersten Version (1977) und auch der remasterten Version (2009) musste dafür Neuem weichen.
So das war’s von meiner Seite aus. Ein ganz schön geschwätziger Beitrag, aber am Geburtstag von taumelland erlaube ich mir das mal.
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Spiegelsaal, Kraftwerk, Trans Europa Express, 1977
Hihi, ja so schaut’s aus!
Taumelland feierte am 26.03.2018 zwei jährigen Geburtstag. Erst einmal möchte ich mich an dieser Stelle bei Euch allen für das Interesse an meinem Projekt bedanken.
Ohne eure liebevolle Begleitung wäre das Netz für taumelland ein eisiger Ort!
Zum Zweijährigen habe ich mal eine erweiterte Playlist mit allen auf taumelland zitierten Songs und Alben erstellt. Dafür habe ich eine neue Seite „Songs“ angelegt. Taumelland ist stark von Musik durchzogen und durch Musik inspiriert.
Der ganze Blog ist sozusagen „driven by music“!
„Spiegelsaal“ ist einer meiner Lieblingssongs von Kraftwerk. Da geht es mir genauso wie Siouxsie and the Banshees, die das Stück mal gecoverd haben (Hall of Mirrors, through the looking glass, 1987).
Ich bin nämlich auch ein bekennender Anhänger von Coverversionen.
Cover transportieren einen Song nicht nur auf dem Zeitpfeil weiter, sondern sie vermessen auch dessen Deutungshorizont. Wie bei einer Zwiebel schält jedes Cover eine neue Bedeutungsebene heraus.
So ging es mir mit Blumfelds „So lebe ich“ (1999), dessen Coverversion „That’s How I Live“ von der Walkabouts (2000) mir viel verständlicher und damit auch näher war als das Original von Blumfeld. Es war in dem Fall sogar eher umgekehrt, dass ich das Original erst durch das Cover schätzen gelernt habe, und das Cover so für mich an die Stelle des Originals getreten war.
So kann es sein, dass Ihr auf der Playlist mehrere Versionen von einem Song findet. Vielleicht habt Ihr ja auch Spaß dran, Songs mal unter epistemologischen Gesichtspunkten zu betrachten und auf Euch wirken zu lassen.
Cover stehen natürlich auch in einer Tradition auraler Überlieferung, so wie Volksmusik generell oder eben auch der Blues. Es war und ist eine Form Lebenserfahrung/Lebensfreude als in Musik verpackte Geschichten durch die Zeit zu transportieren und so nachfolgenden Generationen zu vermitteln. Wobei jede der folgenden Generation neue/andere Aspekte erfindet/betont und dafür andere unter den Tisch fallen lässt und so der Song immer an seinen aktuellen sozialhistorischen Kontext angepasst wird.
Mit dem Aufkommen der Musikindustrie und der Verrechtlichung der Eigentumsverhältnisse an Musik ist das Covern zum Teil richtig heikel geworden, da man es sich nun erst mal „leisten“ können muss und oder zumindest eventuelle Besitzrechte berücksichtigen muss.
Das gilt vor allem auch für das Sampeln, also das Verwenden von Songteilen, oder aber deren ineinander Mischen.
Das führt mich zu Kraftwerk zurück, die ja auch einen unrühmlichen Prozess gegen Moses Pelham führen, da er unautorisiert ein Fragment aus einem Kraftwerksong verwendet haben soll.
In dem Prozess geht es vor allem auch darum, wie „lang“ so ein „gesampeltes“ Teilstück sein darf und wie „wesentlich“ es für den neuen Song ist.
Das Verfahren ist mittlerweile vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet. Ihr merkt schon mit den „Good old Boys“ aus den Blues Brother Film hat das nichts mehr zu tun. Es ist Wahnsinn, über solche Fragen Gerichte entscheiden lassen zu wollen.
Kraftwerk gelten als eine der am häufigsten gesampelten Bands überhaupt, witzig finde ich dabei dass die so hüftsteifen „Kraftwerker“ gerne auch von Rap und EDM –Musiker/innen gesampelt werden/worden sind.
Hierzu gibt es ein gutes Video auf Youtube: „the Kraftwerk influence“ mit einigen überraschenden Hörbeispielen, so haben beispielsweise auch Pink Floyd für „Time“ Kraftwerk gesampelt („Kling Klang“).
Ich denke, dass ein großer Teil ihres heutigen Ruhms und auch ihrer aktuellen künstlerischen Relevanz genau darauf beruht, dass sich andere Musiker/innen bis heute auf sie beziehen und eben Kraftwerk Samples verwenden.
Aber auch Kraftwerk selbst sind 2018 für „3D – der Katalog“ (das Album/Video zur Tour) mit dem Grammy für das beste Electronic/Dance Album ausgezeichnet worden. Ich denke, Kraftwerk covern sich seit nunmehr fünfzehn Jahren selbst, denn eigentlich besteht der 3D-Katalog aus nichts Anderem als neu abgemischten Versionen Ihrer alten Stücke, die ja wie auch „Spiegelsaal“ zum Teil noch aus den siebziger Jahren stammen. Gerade bei Kraftwerk kann man also gut beobachten, wie sich der kulturelle Bedeutungshorizont von Musik verschiebt. In diesem Fall von einem – in heutigen Worten – „nerdigen“ Electronic-Pop Crossover hin zu eher „hedonistischer“ Tanzmusik.
Wenn man sich klarmacht, dass ihr letztes Album mit neuen Stücken aus dem Jahr 2003 ist (Tour de France) und Sie trotzdem oder auch gerade deswegen? 2018 nur durch das Fort- und Umschreiben ihres alten Materials einen Grammy gewinnen konnten, dann ist das schon unglaublich und zeigt, wie kreativ und bereichernd covern/sampeln für Musik ist. Es zeigt aber auch, welches unglaubliche Potential in dieser Musik steckt. Kraftwerk haben echt das Zeug zukünftig als „Folkband“ zu gelten.
Vielleicht sollten wir uns alle viel öfter mal selber covern 🙂 anstatt uns neu erfinden oder grundlegend verändern zu wollen – wäre spannend was dabei herauskäme.
Aber noch mal zurück an den Anfang dieser Geschichte – „Spiegelsaal“: Das erinnert mich sofort an „Das Bildnis des Dorian Gray“, oder auch etwas weniger literarisch aber dafür umso geschichtsträchtiger an den Spiegelsaal im Schloss von Versailles. Ich denke an das wahnsinnige Universum von Ludwig den II der Schloss Herrenchiemsee nach dem Vorbild von Versailles errichten ließ und darin ebenfalls einen – nur um vier Meter längeren – Spiegelsaal erbauen ließ. Dann fällt mir noch – wie Siouxsie – der Roman „Alice Through the Looking Glass“ von Lewis Carroll und last but not least „Schneewitchen“ ein.
Ich behaupte nun, all das kann man in dem Kraftwerk Song hören! Probiert es aus!
Aber hört nicht die aktuelle Version – die aus „3D – der Katalog“ – da machen Kraftwerk wie geschrieben nämlich Tanzmusik und vieles von dem alten Zauber der ersten Version (1977) und auch der remasterten Version (2009) musste dafür Neuem weichen.
So das war’s von meiner Seite aus. Ein ganz schön geschwätziger Beitrag, aber am Geburtstag von taumelland erlaube ich mir das mal.
merci bolee
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Comments (1)
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Ich freue mich auf weitere Beiträge 🙂