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Was für ein monumentales Werk! Welch ein Pathos! Allein schon der Titel:
Das ist nicht die erste Arbeit, in der sich Anselm Kiefer auf den italienischen Philosophen Andrea Emo (1901 – 1983 ) bezieht. So hat er ein Buch dem italienischen Philosophen gewidmet („Für Andrea Emo“) und auch ein paar seiner Bilder beziehen sich direkt auf den italienischen Philosophen.
Andrea Emo wurde in Venedig geboren. Seine Philosophie ist wohl vom Existentialismus Heideggers, dem Christentum und dem Nihilismus geprägt. Ich konnte nicht viel über Ihn herausfinden – es scheint als wäre er außerhalb Italiens kaum bekannt. Was wohl auch daran liegt, dass er Zeit seines Lebens kaum Wert auf Berühmtheit legte. Also er einer Haltung der „öffentlichen Einsamkeit“ gegenüber einer modernen populistischen Haltung den Vorzug gab.
Entstanden sind die Bilder von Anselm Kiefer zwischen 2020 und 2021. Sie sind speziell für den „Sala dello Scrutinio“ und auf Einladung der Fondazione Musei Civici angefertigt worden. Die Gemälde von Kiefer sind über die alten Wandgemälde installiert und noch bis zum 29.10.2022. zu sehen. Dann werden die Arbeiten wieder entfernt.
Nach dem Brand des Palastes 1577 wurde der Sala dello Scrutinio von Malern wie Tintoretto, Palma il Giovane und Andrea Vicentino neu gestaltet. Sie sollten den Glanz und die Macht Venedigs in ihren Wandgemälden verewigen. Der Saal (ehemaliger Wahl-Saal für wichtige Abstimmungen – auch der Dogenwahl) repräsentierte damals die Herrlichkeit der „Serenissima“ Republik – und heute symbolisiert er deren vergangene Größe.
Eigentlich finde ich diese Art von Monumentalkunst aus der Zeit gefallen. Wenn ich es in Musik ausdrücken sollte, klingen Kiefers Gemälde so als hätte man eine Wagner Oper mit Rammstein gekreuzt und dazu ein wenig Carmina Burana angerührt. Es geht natürlich um die ganz großen Themen wie: Geschichte, Sein, Tod, das Nichts, Vergänglichkeit … etc. – das ist in meinen Augen nicht besonders originell und kaum der Rede wert. Das gab es alles schon mal. Es erinnerte mich an diese Dino-Skelette aus den großen Naturkunden Museen, die immer noch beindruckend anzusehen sind aber doch schon ein wenig Staub angesetzt haben – zumindest wenn man sie nicht permanent putzt.
Trotzdem konnte sich taumelland der Überwältigungs-Ästhetik und dem Pathos Kiefers kaum entziehen.
Die Bilder bestehen zum Teil aus sich in die Ölfarbe gefressenes Blei, es gibt Badelatschen die vom Himmel fallen, eine golden Leiter, U-Boote, Einkaufswagen, an denen auf Zetteln die Namen von Dogen herabbaumeln etc … Überall überlagern sich Farben, Strukturen und Materialien. Das Ganze ist sehr dynamisch, manchmal auch ironisch und das gefiel mir sehr gut. Es passt auch zu den überdeckten Bildern wie Tintorettos „Schlacht von Zara“. Aus einem größeren Abstand heraus betrachtet erinnern Kiefers Gemälde auch an Schlachtfelder.
Vielleicht liegt genau in dem unzeitgemäßen Pathos der Gemälde ihre Anziehungskraft. Die Arbeit ist wie ein Memento Mori aus der Vergangenheit in eine Gegenwart, die sich aktuell mit sehr gestrigen Problemen herumschlagen muss und dabei ebenfalls viel von ihrer alten Herrlichkeit verloren hat.
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