Eine #umsLand Geschichte

irgendlink

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„Also ich fand die berührendste Geschichte war in einem kleinen Städtchen in dem ich in ein altes ziemlich heruntergekommenes Hotel gegangen war.

Es wurde von zwei alten Leuten betrieben und Sie war wohl von der Familie her die Besitzerin, also das Hotel war immer in Familienbesitz gewesen. Er hatte vermutlich eingeheiratet und er war halt schon ziemlich…mit Gischt erkrankt und ich habe dann das Fahrrad reinstellen wollen und wir haben halt gesagt: komm schieb es einfach rein und so…. und dann standen aber im Flur noch Sofas rum und da habe ich mich angeboten und habe geholfen, die Sofas rüber in den großen Salon zu schieben.
Das Hotel war halt so ein ganz toller Ort, man hat halt diesen alten Charme noch gespürt – von einem eigentlich großen Hotel in einem kleinen Städtchen.
Es waren ganz tolle Möbel drin, Raritäten ohne Ende, so eine uralte Musikjukebox und so Sachen.
Das alleine hat mich schon so fasziniert.
Und mir hat das so leid getan, weil das Hotel so… also ich hätte mir gewünscht…dass die da mit irgendwie das Hotel betreiben können, aber die sind einfach so stehengeblieben auf so einem Stand von vor dreißig Jahren oder noch länger, dass kein normaler Kunde da absteigen würde, weil die Standards einfach nicht mehr genügen. Es war halt alles schon alt. Der Durchlauferhitzer war so mit Gafferband an die Wand geklebt, weil die Schrauben rausgerissen waren und so. Es war keine Heizung eingeschaltet. Die Zentralheizung war, ohnehin eine mit alten Gliederheizkörpern, ausgeschaltet und da haben Sie mir so einen kleinen Heizofen ins Zimmer gestellt und den habe ich auch die ganze Nacht dann bollern lassen, so kalt war es da oben.
Morgens habe ich mich dann mit dem Besitzer  noch ein bisschen unterhalten und er hat so von früher erzählt und dass er viele so Pläne gehabt hat. Er hatte zum Beispiel so Hölzer herumstehen gehabt: „ah da wollte ich schon immer was mit machen“ – wie man das halt von sich selbst auch kennt. Man sammelt Dinge, stellt sich vor was man damit machen will und im Kopf sind die dann schon ein fertiges Regal…. Genau… und man kommt dann halt nie dazu das auszuführen, was man vorhatte….
Und da habe ich das weichende Leben empfunden in dem Mann.  Als ich gegangen bin habe ich mich noch extra von ihm verabschiedet. Er lag in so einem Seitenraum vom Gastraum, hier hatte er sich eingerichtet.  Also praktisch kann er nicht mehr so gut Treppensteigen, deshalb wohnt er unten. Da war ein Holzofen zum heizen. Es war schön warm und er lag dann auf einer Matratze, die am Boden vor dem Ofen lag, mit Katze und so…
Und er hat dann gesagt, er würd gern dass  ich mich wieder bei ihm melde, es war so rührend und die haben mich da so fast adoptiert. Ich war der einzige Gast und ich weiß nicht, ob ich jetzt seit langem der einzige Gast war….., aber ich würde denen das wünschen, dass sie nochmal Gäste kriegen.
Es ist so schade, dass das so runtergekommen ist das Hotel und eigentlich fänd sich da schon eine Klientel. Ich habe mich da wohl gefühlt, aber ich kenne viele Leute die sich da überhaupt nicht wohlfühlen würden und die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würden: „da kann ich nicht bleiben!“, „gibt ja keine Heizung!“, „und guck mal wie das Bad aussieht! Und die Klospülung rinnt!“
…..es war ein Blick in das weichende Leben.“

irgendlink

irgendlink, Walpodenakademie Mainz, März 2017

Mehr zum „Artist in Motion“ – irgendlink, der Rheinland-Pfalz Radroute im März 2017 | #UmsLand, Kunststraßen etc.. findet ihr auf irgendlink.de

Comments (1)

  1. Was für ein feiner Reisebericht!
    Danke.

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